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freilauf — Magazin für Fahrradkultur - Ausgabe 2021

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Wenn man dem bekannten Spruch "Aller guten Dinge sind drei" Glauben schenken kann, dann dürfte unsere dritte Ausgabe des Magazins "freilauf" wieder gut ankommen. Wir haben eine bunte Palette an Themen, Bildern, Inspirationen gesammelt und freuen uns, einmal mehr viele Künstler und ihre Werke rund ums Fahrrad vorstellen zu dürfen.

Vor dem Trost das

Vor dem Trost das Leiden. Der Weg hinauf nach Magreglio ist mühselig, 750 Meter hoch über dem Comer See führt eine schmale Straße, mit Steigungen, die selbst einen Giro dItaliarofi an die Grenzen seiner Leistung bringen. Die bescheidene Höhe und die bis zu 14 Prozent Steigung sind für manche zwar herausfordernd aber bei weitem nicht das Schlimmste im Dasein eines Radrennprofis. Wer allerdings zuvor den Comer See umradelt hat, der wird die strenge Nordauffahrt auf der Giro di Lombardia, dem Rennen der fallenden Blätter, schätzen lernen. Das Leiden nimmt also schon lange vorher seinen Anfang. Und ein Sieg ohne Schmerzen ist eben kein Sieg. Für Radrennveranstalter Grund und Anlass genug, dort eine Etappe hinauf zu planen – mit dem Ziel, das kleine 600-Seelen-Dorf am Ghisallo-Pass zu erreichen. Ghisallo ist etwas Besonderes der prestigeträchtigen Strecke. Zum einen entlohnt die Aussicht über den nördlichen Teil des Comer Sees und den Seearm von Lecco, zum anderen fordert der Weg nach oben auch von rofis seinen Tribut. Trost der Gescheiterten bietet dann Madonna del Ghisallo, die dort oben seit dem 17. Jahrhundert in einer kleinen Kapelle ruht. Treffpunkt gläubiger Radrennfahrer Die kleine Wallfahrtskirche musste dort erbaut werden. Immerhin erschien an genau jener Stelle dem Graf Ghisallo während einer Reise das Bild der Jungfrau Maria. Verfolgt von Räubern sah er sie in einem Straßenschrein, suchte dort Zuflucht, betete um Schutz und entkam seinen Verfolgern. Weil dies auf wundersame Art und Weise gelang, wurde ihr im Jahr 1623 eine Kapelle gewidmet. Seit jener Zeit ist Madonna del Ghisallo die Schutzpatronin der Reisenden. Pilger empfangen dort Trost und werden mit einem faszinierenden Ausblick auf das Bergpanorama des 1686 Meter hohen Monte San Primo belohnt? Radsportbegeisterte hingegen beten Fahrradrahmen und getragene Trikots an. Hinterm Sicherheitsglas hängen huldvoll angeordnet die ehrbaren Räder, Trikots und sonstige Devotionalien berühmter Männer aus den unterschiedlichen Epochen des professionellen Radrennsports. Seit dem Jahr 2006 dient die Kapelle als Museum für Rennradfahrer. Auch deshalb ist die Wallfahrtskirche ein Mythos, ein Muss für jeden Radsportfan wie auch für den gläubigen Freizeitradfahrer. Die Mühen und Qualen des Aufstiegs sind vergeben und vergessen. D er Glaub e des P ater E rmelindo V igano Magréglio ist nunmehr die Pilgerstätte im radsportverrückten Italien. Die Bewohner des Bergdorfs sind nicht weniger euphorisch. Nicht nur, dass sie begeistert die Giro d’Italia oder die Giro di Lombardia begleiten. Pater Ermelindo Vigano, der ehemalige Pfarrer von Magréglio, hat sie alle übertrumpft. Gleich nach dem zweiten Weltkrieg hatte er die Idee, die Kapelle dem Radsport zu weihen. Und die Jungfrau Maria (Madonna) wollte er vom Vatikan als erste „Principale Patrona di Ciclisti Italiani“ (Patronin der italienischen Radsportler) segnen lassen. Er fand Gehör beim Papst Pius XII. Der ernannte am 13. Oktober 1949 Madonna del Ghisallo zur Schutzpatronin der Radfahrer. Ermelindo zu Ehren wurde dann auch vor der Kirche eine Bronzebüste aufgestellt. Ebenso im Übrigen von Fausto Coppi und Gino Bartali. Beide gehören zu den erfolgreichsten und populärsten Radfahrern der Geschichte. Coppi auch Il Campionissimo (Weltmeister der Weltmeister) genannt, war dreifacher Weltmeister. Bartali gewann zweimal die Tour de France und dreimal den Giro d’Italia. Bemerkenswert aber war, dass er an der Rettung verfolgter Juden während des Zweiten Weltkriegs beteiligt war. Posthum erhielt er 2013 dafür die Ehrung eines Gerechten unter den Völkern. Einige der besten Rennradfahrer sind gläubige Katholiken Die Kapelle sowohl Gotteshaus als auch Pilgerstätte auszubauen, ist schlussendlich richtig. Seit Jahrzehnten radeln dort die großen Stars des italienischen Radsports zum Beten hin: Alfredo Binda, Gianni Motta, Fausto Coppi, Francesco Moser, Ercole Baldini, Gino Bartali, Marco Pantani oder Mario Cipollini, um nur einige zu nennen. Unter denen, die dort Beistand suchten sind aber die Verlierer großer Rennen. Auch ihnen wurde ein Denkmal gesetzt. Das dem gegensätzlichen Paares: Der Sieger auf seinem Rennrad streckt zum Triumph die linke Faust gen Himmel während der Verlierer enttäuscht am Boden sitzt. Vereint im Glauben an das Gute. Gino Bartali war im Übrigen nicht nur ein begnadeter Radrennfahrer und Retter von etwa 800 Juden im Zweiten Weltkrieg. Er war auch gläubiger Katholik. Wie viele Italiener und Spanier. Auch heute sind einige der besten Sportler der Tour de France, die traditionell auf dem Champs- lyses in aris ihren Abschluss findet, katholisch. Text: A ndreas Burk ert F o to s : M us eo del C ic lis m o M ado nna del G h is allo , A do b e S to c k w w w . m us eo delg h is allo . it 046

„OH MADRE DEL SIGNORE GESÙ, TI PREGHIAMO DI VOLERCI BENIGNAMENTE ASSISTERE E PROTEGGE- RE NELLE NOSTRO ATTIVITÀ CICLISTICHE!“ „OH MUTTER UNSERES HERRN JESUS, WIR BITTEN DICH, UNS GÜTIG BEISTEHEN ZU MÖGEN UND UNS ZU BESCHÜTZEN BEI UNSEREM RADSPORTLICHEN TUN!“ EIN RADFAHRERGEBET

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